1929 fand auch der erste Rosenmontagszug in Viersen statt und die berittene Prinzengarde in schmucken Uniformen bildete den Schluss, gefolgt von Prinz Karneval Peter I., umjubelt von seinen Anhängern“.

Am 24. Oktober 1929, dem „ Schwarzen Freitag „, bricht in New York die Börse zusammen. Der „Crash“ in der Wall Street stoppt die Wirtschaft in aller Welt. Deutschland ist zahlungsunfähig aufgrund der Reparationszahlungen. Die Folgen sind Depression und Deflation. Das bedeutete auch schwere Zeiten für die Karnevalisten.

Doch schon früh 1930 rüsteten die „Große“ und die Prinzengarde für die laufende Session. Gerade in schlechten Zeiten ist es die Aufgabe der Karnevalisten, Frohsinn und Freude zu verbreiten, damit die Menschen ihre Sorgen und Nöte wenigstens für einige Stunden vergessen. Das war die Einstellung der Gardisten, ausgedrückt durch den Präsidenten der Großen Viersener Willi Henk.

Die Prinzengarde war natürlich bei allen Galasitzungen der Großen Viersener vertreten und “in ihren Galauniformen brachten die Prinzengarde und deren schneidiger Präsident uns dann noch einige ‘Rubedidupps’ bei, die mit ihrem Kauderwelsch immer neue Lachsalven zündeten (28.01.30)”. 1930 fand kein Rosenmontagszug in Viersen statt “wegen der finanziellen Belastung, vor allen Dingen der allgemeinen Notlage wegen”.

Doch wie meistens in schlechten Zeiten wurde überall in Viersen mächtig Karneval gefeiert. Eine närrische Sitzung jagte die andere, ein Kostümfest folgte auf das andere: Blitzlichter (RV Blitz 02), Quartettverein, KG Mekkerbrüder 1930, D.H.V.,VTV 1848 etc. Die Stimmung war in allen Sälen prächtig, wie überall vermeldet wird.

Doch auch in den allgemein fröhlichen rheinischen Gefilden hatten die Narren gegen manche Widrigkeiten anzukämpfen. Ein immer wiederkehrendes Thema war die leidige “Maskeradenabgabe” oder “Maskensteuer”.

“Darunter fallen Entstellungen des Gesichts oder Verkleidungen des Körpers”. Ausgenommen davon waren der Bart, den man sich vorher wachsen ließ, das Monokel, die geschminkte Wange, die Blume im Smoking. Die Stadt wollte damit das Defizit im Haushalt stopfen, obwohl die Bearbeitung die Einnahmen auffressen würde, wie es die Experten voraussagten. Ein Schildbürgerstreich?

Jedenfalls waren die Vereine zunächst geschockt, hatte man doch schon längst mit den kostspieligen Vorbereitungen für die Kostümbälle begonnen. Die Einstellung der Stadtväter förderte auch nicht den Gedanken an einen weiteren Rosenmontagszug. Hatte man 1828 das Tragen von Masken auf der Straße verboten, gab es 1930 in Viersen doch keine Maskensteuer, weil die Regierung sie nicht für “angängig” hielt.

Auch in Dülken wurde sie nicht genehmigt, doch hatte dort im Gegensatz zu früheren Jahren bis zum 8. Februar keine närrische Veranstaltung stattgefunden und viele Jecken waren nach Viersen abgewandert und das alles wegen der drohenden Maskensteuer. Die folgenden Äußerungen sollen unterstreichen, was zumindest einige Stadträte vom Karneval hielten. Sie konnten Einfluss auf die Vergabe der Festhalle nehmen und diese war für die Narren lebensnotwendig.

Im November 1930 gab es eine hitzige Debatte im Viersener Stadtrat zum Thema Karneval.

Da gab es folgende Anträge:

  • Frau Direktor Mießen: Die Große Viersener soll alle karnevalistischen Vergnügungen unterlassen.
  • Der Stadtverordnete Feikes: Man soll ein Tanzverbot erlassen, keine Polizeistundenverlängerungen erteilen.

Zum Glück für die Narren waren die Anträge zu spät gestellt worden, die Halle war bereits vergeben, die Gefahr von Regressansprüchen zu groß. Damit schloss der Vorsitzende die öffentliche Sitzung, es wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Interesse aller Beteiligten weitergetagt.