Es kommt erstens anders und zweitens als man denkt. Doch das Denken sollte man den Pferden überlassen. Die haben die größeren Köpfe. Das sind Volksweisheiten.

So saß ich auf gepacktem Koffer und wartete auf den Marschbefehl zur Gardetour, schließlich beginnt das neue Gardejahr so oder es endet mit ihr je nach Perspektive. Und dann kam er, der Marschbefehl, spät, im September, aber er kam.
Doch welche Überraschung: Der Vorstand lud zum Sommerfest: Gäste, Smalltalk, Grillen, Trinken, alles wie gehabt und dennoch gut. Schließlich die Taufe: Eine geglückte Premiere. Wir erlebten die Geburt eines neuen Gardisten aus einer riesigen durchsichtigen Fruchtblase und seine freiwillige Taufe im Mühlenweiher. Da schauten aber alle überrascht. Rudi Pesch hatte die Idee und assistiert von Christoph Grundmann und Michael Metz boten sie eine Riesenshow. Da konnte man die Gardetour vergessen. Denkste, die Pferde haben doch die größeren Köpfe. Eintägige Tour, also kleiner Bieranzug, herrliches Wetter, kleiner Bus, Düsseldorf, Gourmettempel. Da denkste doch glatt dich tritt ein Pferd.

iesenküche, eine Apparatur wie im Laboratorium und Zutaten, die meisten kannte ich gerade mal dem Namen nach oder auch nicht. Schürze um, alle Mann ran: schneiden, hacken, schälen, filetieren, würzen, mischen, umfüllen und das alles bei einem Tempo unter Anleitung der alle und alles durchdringenden Stimme des Großgurus. Die Messer scharf wie – ihr wisst ja – nur keine Gliedmaßen abschneiden. Dann ab in den Hochofen oder doch ins Krematorium mit dem Produkt. Warten und den Nachtisch vorbereiten. Und jetzt kannste denken was du willst. Das Mehrgangmenu schmeckte ausgezeichnet mit dem Wein und wir hatten es selber gekocht, da kannst du in der Tat denken was du willst, da brauchst du keine Pferde, das war so. Danach brauchten wir eine schöpferische Pause. Bei bestem Wetter zum “Ürigen” und im Spätsommer am späten Nachmittag zu Neusser Skihalle. Draußen im Biergarten herrschten Lederhose und Dirndl, bayerische Volksstimmung am Niederrhein, zum Glück war die Piste geschlossen. Jetzt konnte das neue Gardejahr wohl nichts Überraschendes mehr bieten, denkste.

Der Prinz in spe lud ein, er wohnt – unvorstellbar – in Dülken, aber auf der Straße nach Viersen und ist Viersener, da fallen einem echten Prinzgardisten gleich tonnenweise die Steine von der Seele. Die Prinzessin auch eine Viersenerin von der KG Hoseria. Beide aufgeschlossen, fröhlich und nett. Sie freuen sich riesig auf das Prinzenspiel. Selten war der Kontakt so schnell geknüpft. Da brauchte man sich keine Gedanken zu machen.

Beim Ordensfest sah man sich wieder, lernte die Begleitung kennen, alles bestens.
Dann unser General- und Ordensappell. Immer ein Höhepunkt. Dafür sorgt schon unser Kommandant Eric, wieder einmal in Hochform, viele Senatoren, Regimentsmusikzug, Hissen der Fahne, Böllerschüsse zur Sessionseröffnung, Beförderungen, Neuaufnahmen von Senatoren, gutes Essen, leckeres Bit, unser Senator Andreas van Loon hält uns fit.

Der neue Orden konnte “in natura” dargestellt werden: Unsere Sandra und ein Prinzgardist beim Bützen in fast akrobatischer Haltung. Und über die ganze Zeit ein Aachener Prinzgardist in vollem Ornat als stiller Beobachter. Bis auf die wenigen Eingeweihten, obwohl wir alle hätten vorbereitet sein müssen, haben wir uns nichts dabei gedacht. Aber dann der sensationelle Höhepunkt: Der Aachener Prinzgardist Horst Hermanns entpuppte sich als Texter und Komponist des neuen Gardemarsches der Prinzengarde Viersen und zusammen mit dem Initiator Stefan Berrisch und Christoph Grundmann erklang mit der Unterstützung der Senatoren und Gardisten aus freudigen Kehlen der neue Gardemarsch. Ein Traum ging in Erfüllung, das summten selbst die Vögel in den Bäumen mit, da rissen auch die besagten Pferde die Mäuler auf, absolute Begeisterung, die auch bei den verschiedenen Auftritten in der Session auf das Publikum übersprang wie schon bei der Prinzenproklamation auf der wir auch unter der Leitung des Tanzoffiziers Jo Classen den neuen begeisternden Gardetanz vorstellten.

Auf der Weihnachtsfeier hatten wir es gleich mit zwei Nikoläusen zu tun, Stefan und Christoph, die uns in brillant gewohnter Form die Leviten lasen. Und im Januar ging es in die längste Session dieses Jahrhunderts mit vielen Besuchen und Auftritten bei allen KGs des FAVK und befreundeten Gesellschaften und selbst bei der Großen Viersener KG waren wir zum ersten Mal eingeladen mit dem Prinzenpaar, von dem man ganz ehrlich sagen muss, die haben, vor allen Dingen der Prinz, das Prinzenspiel nicht nur ausgezeichnet gestaltet, sondern geradezu gelebt. Wir natürlich, aber auch die große Narrenschar waren begeistert. “Leute wie wir, aus dem Volk, ohne jeden Dünkel, unser Prinzenpaar”, hörte man oft und offen sagen.

Wiederum zu loben ist der unermüdliche Einsatz der Garde, unterstützt von unseren Regimentstöchtern Sandra und Susanne, die mit ihren außergewöhnlichen Leistungen immer wieder begeisterten sowie dem Regimentsmusikzug.

Erwähnen wir das Außerplanmäßige. Unser Senator Hermann-Josef Krahwinkel wurde Burggraf, eine hohe Auszeichnung, und wir konnten mit unserem kompletten Programm die Gladbacher Karnevalsprominenz zu “standing ovation” hinreißen.

Auf dem platten Land verwöhnten uns die Brachter Wasserratten mit Beifallstürmen und mancher Gardist wird sich noch heute mit Freuden an die großartige Stimmung erinnern, die auf beiden Seiten herrschte, wenn das nach den herzlichen turbulenten närrischen Gefechten noch möglich ist. Da wieherten selbst die Pferde. Aber noch nicht genug der Höhepunkte in dieser Session.
Wir haben einen neuen Gardewagen, gebaut unter Leitung unseres Gardisten Michael Metz. Die Taufe fiel aus, bei der Wagenabnahme kamen die Gardisten und Narren kaum aus dem Staunen heraus und im Tulpensonntagszug war unser Wagen die Attraktion. Da rissen selbst die Pferde, die den Prinzenwagen zogen, vor lauter Staunen weit die Mäuler auf.

Natürlich gäbe es noch das eine oder andere zu erwähnen, es verlief in gewohnten Bahnen, z.B. die 11. Galasitzung der Prinzengarde unter dem Motto “Garde außer Rand und Band – Karneval für Jung und alt”. Das war wieder einmal für alle Anwesenden ein Erlebnis, so feiert man echten Karneval und das schweißt uns auch zusammen.

Die Afterzugparty kam hinzu, ein voller Erfolg und die Hoppeditzbeerdigung mit der Verabschiedung des Prinzenpaares in der Kaisermühle als endgültiger Schlussstrich unter die Session ließ uns alle nach dem Mark-erschütternden Auftritt unsere leidgeprüften Frau Witwe Hoppeditz schon wieder an die nächste Session denken – aber fürs Denken haben wir ja die Pferde.
Dreemol Viersche Helau! Euer Ehrenvorsitzender Günter